Rißklettern

Rißklettern ist vor allem eine Frage der Klettertechnik. Selten wird ein Anfänger damit zurechtkommen, denn jede Rißbreite erfordert eine eigene Technik und damit wird es anspruchsvoll.

Wichtig ist, daß es nicht nur darauf ankommt, was man mit den Händen macht und wie man klemmt; gerade bei den breiteren Rissen ist die Fußtechnik entscheidend.

Wichtig ist auch, daß man sich im Riß kraftsparend und ruhig nach oben bewegt und alle Rastpositionen, die der Riß bietet, auch ausnutzt.

Beim Klemmen gibt es die Grundregel, daß man möglichst so klemmt, daß die Kontaktfläche Fels–Haut möglichst groß ist, um den Druck und damit Schmerz und Verletzungsrisiko möglichst klein zu halten.

Eine weitere Grundregel ist, daß man ein klemmendes Körperteil nie unter Last im Riß bewegt (Verletzungsgefahr). Muß die Position z. B. einer Hand im Riß verändert werden, so wird die Hand erst völlig entlastet, dann die Hand in Ruhe neu positioniert, und erst dann wieder Last auf die Hand gegeben.

Rißbreiten und Rißtechniken

Fingerriß: Ein Fingerriß ist so breit, daß man nur die Finger hineinbekommt. Schmalere Risse lassen sich kaum klettern und haben höchstens für das Einschlagen von Fichtlhaken Bedeutung.


Fingerriß: Die Finger werden in den Riß gesteckt und die Hand leicht verdreht.

Schmalhand: Zwischenbreite zwischen Finger- und Handriß, sehr unangenehm. Klemmen geht hier nur, wenn man versucht, Finger und Daumen zu verhebeln, was sehr kraftaufwendig ist.


Die Breite zwischen Hand- und Fingerriß bietet keine guten Klemmer. Man versucht, Daumen und Zeigefinger soweit wie möglich in den Riß zu bekommen und damit zu klemmen.

Handriß: Riß, in den man nur die Hand hineinstecken kann. Handrisse erlauben beim Klemmen eine relativ große Kontaktfläche zwischen Haut und Fels und sind deshalb recht gut zu klettern. Die Breite, bei welcher die Hand gerade so hineinpaßt, ist am besten und bietet maximale Felskontaktfläche bei minimalem Kraftaufwand. Man spricht hier auch vom „saugenden“ Handriß.


Handriß

Für den Bewegungsablauf beim Handrißklettern gibt es verschiedene Möglichkeiten:

Mit den Füßen wird immer überschlagend getreten. Um sicher zu stehen, wird die Fußspitze hochkant in den Riß gesteckt und verdreht.


Dieser Handriß wird auf rechts geklettert, d. h. rechte Hand immer unten, linke Hand oben; der Daumen der rechten Hand zeigt nach oben und der der linken Hand zeigt nach unten.


Stehen im Handriß: Der Fuß wird erst hochkant gestellt, dann in den Riß gesteckt und danach verdreht.

Breithand: Rißbreite zwischen Hand und Faustriß. Etwas kräftiger und unangenehmer als ein Handriß, da die Kontaktfläche Haut–Fels kleiner ist; läßt sich aber recht schnell klettern.

Faustriß: Ein Faustriß ist so breit, daß die Faust gerade quer hineinpaßt. Der Rißbreitenbereich für gutes Faustklemmen ist sehr klein, deshalb ist Faustrißklettern auch etwas zeitaufwendiger als beim Handriß, weil man meist erst nach den guten Faustklemmstellen suchen muß.


Faustklemmer


Stehen im Faustriß: Damit der Fuß nicht rutscht, versucht man, ein gewisses Drehmoment auf den Fuß zu geben.

Armriß: Rißbreite, in der die Faust gerade nicht mehr klemmt (auch Klapperfaust). Besonders unangenehm, wenn nicht einmal das Knie hineingeht und richtig schwer, wenn es dabei auch noch überhängt. Diese Rißbreite erfordert eine ausgefeilte Technik, ist dann aber noch relativ elegant kletterbar.

Doppelhand: Für einen Doppelhandklemmer überkreuzt man die Arme im Riß, legt die Handrücken aneinander und klemmt mit den Handflächen. Das wichtigste an der Technik ist aber, daß man richtig mit dem Knie klemmt, denn die Technik erfordert es, daß man beide Hände gleichzeitig entlastet.

Ist der Riß etwas breiter, so kann man auch Hand-Faust-Klemmer einsetzen.

Der Doppelfaustklemmer hat einen ähnlich geringen Einsatzbreitenbereich wie der Faustklemmer und wird deshalb eher selten verwendet.


Doppelhandklemmer: Diese Art zu klemmen erfordert gleichzeitig eine gute Technik für Füße und Knie, denn man muß mit beiden Hände gleichzeitig loslassen können.


Gutes Klemmen mit dem Knie schafft Ausruhpositionen und ist die wichtigste Vorraussetzung für die Doppelhandtechnik.


Hand-Faust-Klemmer

Schere: Bei der Scherentechnik wird ein Arm über den anderen in den Riß gesteckt und die Hebelwirkung mit der Stellung der Schultern gesteuert. Bei der Scherentechnik ist es nicht notwendig, daß das Knie klemmt; man muß aber perfekt stehen, da die Klemmwirkung eher gering ist und jedes Wegrutschen den Absturz bedeutet.

Beherrscht man diese Technik, so kommt man mit erträglichem Kraftaufwand relativ schnell voran; der Anfänger neigt aber dazu, aus Angst vorm Wegrutschen zuviel Kraft einzusetzen und strengt sich sinnlos an.


Scherentechnik

Halbenger Riß: Halbenge Risse zeichnen sich dadurch aus, daß Hand–Faust nicht mehr klemmt und das Knie im Riß auch schon etwas Spiel hat. Halbenge Risse klettert man am besten mit der klassischen Schulterrißtechnik bei der man mit einem Arm im Riß preßt und mit der anderen Hand die Rißkante abzieht. Gleichzeitig versucht man, das Knie möglichst hoch hineinzubekommen. Das Außenbein bleibt jedoch immer gestreckt, steht Hacke/Spitze im Riß und wird immer nur nachgezogen.


Klassische Schulterrißtechnik: Eine Hand zieht die Kante ab, mit der anderen wird gepreßt.


Fußtechnik im Schulterriß: Gutes Hacke/Spitze-Stehen ist wichtig.


Typische Anfängerfehler: Das linke Knie ist zu niedrig, auf den linken Fuß wird kein Druck gegeben und der rechte Fuß scharrt sinnlos nach nicht vorhandenen Tritten auf der Wand herum.

Breitschulterriß: Bei breiten Rissen kommt man mit dem Körper schon etwas tiefer hinein und vor allem erlaubt diese Breite den Einsatz des kraftsparenden Ellenbogenklemmers. Auch ändert sich hier die Fußtechnik: Das Innenbein bleibt hier immer gestreckt und wird nur nachgezogen. Der Außenfuß steht Hacke/Spitze, das Knie ist leicht angewinkelt. Die Aufwärtsbewegung erfolgt nur mit dem Außenbein in kleinen Schritten.


Der Ellenbogenklemmer

Enger Kamin: In den engen Kamin paßt nun endlich der ganze Körper hinein. Die Kletterei von engen Kaminen ist wenig aufregend, da man hier wirklich kaum hinaus- oder herunterfallen kann. Allerdings ist die Kletterei meist sehr anstrengend, vor allem, weil es fürs Hacke/Spitze-Stehen zu breit ist.

In manchen Fällen kann die Kletterei in engen Kaminen mit der Froschtechnik erleichtert werden. Hierzu verklemmt man sich mit dem Oberkörper und zieht beide Beine an. Bei den Füßen preßt man die Hacken gegeneinander und die Spitzen gegen die Kaminwände und steht somit und schiebt sich aufwärts.

Kombinationen von Rißbreiten: Ein Riß hat selten eine konstante Rißbreite. Und manche Übergänge zwischen den Rißbreiten lassen sich schwieriger klettern als jeweiligen Rißbreiten für sich allein. So vereinigt der Übergang von engem Kamin auf Armriß die Schwierigkeit des engen Kamins, nicht treten zu können, mit der Schwierigkeit des Armrisses, sich nicht festhalten zu können.

Eine Erweiterung im Riß nennt man Hundebahnhof. Die Schwierigkeit ist meist nicht hineinzukommen, sondern wieder herauszukommen.

Taktik

Risse haben den Vorteil, daß man die Art der Kletterei schon recht gut vom Boden aus überblicken kann. Beherrscht man die Rißbreiten, die man sieht, dann kommt man meistens auch hoch.

Gerade bei den breiteren Rissen ist die Aufwärtsbewegung sehr anstrengend. Die Kunst ist hier, nur soviel Kraft einzusetzen wie gerade nötig und jede Ruheposition auszunutzen. Geschickt angestellt, kann man sich in einem Schulterriß fast an jeder Stelle ausruhen.

Auch Abklettern sollte man bei Rissen üben. Es ist eigentlich viel leichter und weniger anstrengend als man denkt; gerade bei Schulterrissen kann man sich langsam herunterrutschen lassen und braucht dabei kaum Kraft, um sich im Riß zu halten.

Mit der Gewißheit, jederzeit wieder zurücksteigen zu können, kann man dann auch sehr mäßig gesicherte Risse angehen.

Ausrüstung

Bei Rissen lohnt es sich, seine Ausrüstung darauf abzustellen; was bei Reibung oder Wandkletterei praktisch ist, kann im Riß grausam sein:

Zuletzt geändert am 21. Mai 2012; Jörg Brutscher

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